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on the road 21979, Ossihaus - Makata-Konzert, mit Tagebuchauschnitten

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Wir hatten uns Ostfriesland allmählich von außen genähert. Im Emsland und Weserbergland über
kleinere Städte wie Stade und Cuxhaven hatten wir unser Programm live feingeschliffen, hatten uns
freigespielt, während wir in unserer Heimat immer nur die Gerüchteküche über die einst so erfolgrei-
che Band eher wenig am Kochen hielten. Hier waren wir nur die netten Jungs, die irgendwie auch
was mit der Musik noch am Hut hatten. Das sollte ab dem nächsten Frühjahr anders werden. Eine
ganze Ostfrieslandtournee stand auf dem Programm. "Oll Mai-Festival" in Aurich, Festhalle Wies-
moor, Open Air auf der Nesse, Emder Rock-Ei, und diverse JZ- und Kleinkonzerte auf dem Lande.
Starten sollte das ganze aber im November in Aurich, dort, wo wir bisher eher selten aufgetreten
waren, im Ostfries-landhaus.

Die Vorbereitungen waren gigantisch. Unsere neue PA-Anlage funktionierte mittlerweile nach diversen
Aufrüstungen recht gut, und in der Uni-Oldenburg hatte ich extra 150 Plakate als Siebdrucke herge-
stellt. Zudem kamen jede Menge Aufkleber, damals ein Novum. Auch im Programm hatte sich was
getan. Erstmalig wollten wir so etwas wie ein Rockmärchen, eine Geschichte einer Stadt, die infolge
eines Reaktorunfalls im Laufe der Jahrtausende nur noch von Mutanten bewohnt wird, auf die Bühne
bringen, echte Science Fiction, aus einer Mischung von Livemusik, gesprochenem Text, Tonbandef-
fekten und entsprechender Dia- und Feuershow. Wir hatten recht martialische Bilder ausgesucht.
Das passt auch politisch in die Zeit und es wurde Zeit was dazu zu sagen. In Deutschland formierte
sich gerade die Anti-AKW- und Friedensbewegung und das hatte sich sogar bis Ostfriesland rumge-
sprochen.

Für das Konzert hat sich ein großer Freundeskreis angekündigt. Haben bereits am Vorabend die An-
lage aufgebaut und den Raum ausgeleuchtet. Nachmittags dann ab 15.00 Uhr im abgedunkelten Saal
eine Liveprobe, mit allem Licht- und Diakram bis auf das Feuerwerk. "Ganz schön, aber da fehlt noch
was, da muss irgendwie mehr Action auf der Bühne rein." Kurze Überlegung. Die Zeit läuft. Von uns
kann keiner solche Action machen, dafür ist das Stück viel zu kompliziert. Irre Tempiwechsel, drei-
stimmiger Satzgesang, da läuft nix. Dann die spontane Hilfe. Helmut unser alter Bassist erklärt sich
bereit, mit einer Gespenstermaske eine kurze Einlage an entsprechender Stelle des Bandes zu geben,
wie, überlassen wir ihm.

20.00 Uhr bereits rappelvolles Haus, so was hatten wir nicht erwartet. "Schmiddi" macht freundlicher-
weise mal wieder Vorprogramm und er ist diesmal richtig gut. Wenn ich da an unseren technischen
Aufwand denke, könnte ich glatt neidisch werden, mit welch einfachen Mitteln man ein so gelassenes
wie das Auricher Publikum nicht nur unterhalten, sondern zum tanzen und mitklatschen bringen kann.

Gegen 21.00 starten wir unser Set. Mit Trockeneisnebel und indirektem Licht erklingen als Intro die
ersten Akkorde von Tag, jenem Endlosmusikstück, dass Plasma schon seit Anbeginn bekannt ge-
macht hat. Nach ca. 3 Minuten folgen die neuen Songs. "Across the Nightsky", "Dreamer´s Song",
"Cindy" und das konzertante Opus "Old Shepherd" finden reichlich Anklang. Der Auftritt wird sehr
erfreulich. Wir werden gelöst. Dann soll unser Experiment, das Rockmärchen starten.

Kurze Ansage, die Bühne wird dunkel, wir treten zur Seite und vom Band läuft das dreiminütige Mär-
chen an dessen Ende dann das eigentliche Stücke unter Feuerwerk starten soll. Im Publikum gebann-
tes Schweigen. Die ersten Dias werden projeziert, Abendhimmel über einer Ruinenstadt. Trockeneis-
nebel verstärkt die Szenerie und ich kriege kalte Füße. Hoffentlich werden die Zündschnüre des ben-
galischen Feuerwerks nicht klamm. Wo bleibt nur Helmut mit seiner Showeinlage, die sollte doch wäh-
rend des Bandmärchens laufen.

Das Band nähert sich dem Ende, Ich zünde das Feuerwerk, das in 20 Sekunden losgehen soll. Alles
ist bereit. Wie auf Knopfdruck ein Lichtblitz, bunte Flashlights wir starten "Makata". In der Chorgesang-
stelle zünden endlich auch die bengalischen Fackeln. Tolles Licht, bloß wie die Dinger stinken...und
da taucht auch schließlich unser Hausgeist auf. Nix Geistermaske. Ein Bettlaken mit aufgemaltem
Totenkopf übergestülpt vollführt er einen irren Tanz, kämpft scheinbar mit allen Musikern und wütet
während des Instrumentalteils auch durchs Publikum. Schade nur, dass er sich ein so kurzes Laken
ausgesucht hat, dass ihm nur knapp über die Hüfte reicht. Ein Gespenst mit knalleroter Lederhose
hatte bisher noch niemand erwartet. Habe echte Schwierigkeiten mein Lachen zu unterdrücken wäh-
rend unser Geist wieder hinter der Bühne verschwindet. Das Publikum nimmt´s ebenso mit Amusement.
Ey, that´s real good Entertainment.

Alles in Allem ein richtig guter Abend. Sind nach dem Konzert noch kurz an der Theke, feiern und fröh-
lich sein. Helmut fragt kurz, ob ihn wohl jemand erkannt habe. Wir verneinen schmunzelnd und ein-
stimmig, "Du warst ja gut verkleidet".. "Eh, Helmut, geile Einlage"; ruft da einer seiner Bekannten.
"Echt Klasse," und ähnliches bekommt er kurz darauf noch von anderen zu hören. Jaja, auch das
weißeste Bettlaken wird von einer solchen Lederhose mit Knackarsch drin offensichtlich übertüncht.

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