Friesenkraut
3) "
Alles selbst ausprobieren, da schmunzelt der Roadie!"

 

 

 

 

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....Die Selbstbastelei von Lautsprecherboxen u. Verstärkern war von Anfang an neben dem Musikmachen eine der wichtigsten Beschäftigungen und das in zweierlei Hinsicht. Erstens hatte man kein Geld und wollte ja trotzdem "richtig laut losrocken" und zweitens war es wohl das einzige Thema, um in der lokalen Musikszene, die aus ca. 3-5 Bands bestand, überhaupt mit dem "gegnerischen Revier" kommunizieren zu können.

Und so traf man sich (natürlich zufällig) im Sommer in der Eisdiele am Markt, im Winter in einer der lokalen Kneipen, saß meistens "zufällig" in der Nähe eines der Bastler, von dem man entweder über ein neues Werk gehört hatte oder es vermutete und "kam dann irgendwie" ins Gespräch. Im Vordergrund stand dann natürlich das "aktuelle eigene Großvorhaben", aber es kamen natürlich auch die verschiedensten anderen Themen und jeweils "neuesten Erkenntnisse" auf den Tisch.

Eigentlich so ganz nebenbei eine sehr lehrreiche Geschichte. Ich erfuhr nicht nur alles über Lautsprecher, Messdaten, Preise und Bezugsquellen, sondern auch wo und wie man sich im "eigenen Städele" mit so wichtigen Bauteilen wie Kofferecken, Kabeln, Griffen und Werkzeug versorgen konnte und ebenfalls nebenbei, woran die gerade andere Band denn musikalisch werkelte, was man favourisierte, wer gerade wo ein- oder ausgestiegen war, usw., usw......

....In der Ziegelei begannen dann auch die ersten richtigen tontechnischen Experimente. Lautsprecherboxen selbst bauen war ja eh an der Tagesordnung, weil das Zeug sonst ja unerschwinglich war und außerdem meistens nicht die Klangeigenschaften hatte, die man sich erträumte.

Ich weiß noch, das ich damals beim Grobschnittkonzert zum ersten Mal auf eine PA stieß, die mich soundtechnisch überzeugte. Die hatten einfach Hifi-Breitbandlautsprecher in riesenhaften Mengen in kleine Boxen gebaut und erzeugten damit einen druckvollen und zugleich filigranen Sound. Ich hab die Jungs dann nach dem Konzert so lange mit meinen Fragen gelöchert, bis sie schließlich mit einem Bauplan rausrückten.

Das Nachbauen erwies sich als ziemlich mühsam und zeitaufwendig. Und statt der geplanten 8 Boxen mit je 16 Breitbandlautsprechern wurden es doch nur 2, die dann allerdings auch bei kleinem Volumen satte 300 Watt vertrugen und nicht einknickten, wie manche Vorgänger, deren Bauruinen sehr zum Leidewesen meiner Eltern in der häuslichen Garage vor sich hingammelten...

...Das erste "richtige" bandeigene Mischpult, ein MM 12 Kanalteil, war nicht nur der Hit schlechthin, stillte jenes Verlangen nach "ungeahnten neuen Möglichkeiten", es brachte einen nenbei "im Szeneinteresse ganz nach vorn". Waren die selbstgebastelten Gesangsmischverstärker irgendwann dann doch "abgeraucht" oder wegen ständiger Ausfälle eher zu einer Warteposition verdammt, konnte jetzt mit Hilfe zweier Maquis-Röhrenentsufen, einem Echolette Bandecho, 10 Mikrofonen sowie den erfolgreichen Überbleibseln der Lautsprecher-Selbstbau-Experimente endlich "richtig Sound" gemacht werden.

Die ersten Schritte in Richtung "richtig Sound machen" gestalteten sich dann auch ebenso akribisch, wie belustigenswert, aber mit einem unendlichen Aufwand an Gespräch und natürlich "nicht vorhandenen" Soundvorstellungen, so dass bei einem Auftritt der "demokratische Mix" an der Tagesordnung war. Dabei umstanden dann alle Bandmitglieder, bis auf den Armen, dessen Sound gerade eingestellt wurde, das Pult, drehten und schraubten mal hier, mal da, diskutierten aufgeregt über die beste Einstellung und protokollierten diese (um es beim nächsten Gig genauso wieder zu machen).

Diese Prozedur konnte gerne mal bis zu zwei Stunden in Anspruch nehmen (das eigentliche Musikprogramm betrug meistens nicht mehr als eine Stunde), zumal ja auch jeder sein Instrument in den Vordergrund gewissenhaftester mischtechnischer Anstrengung und Abnahme gestellt wissen wollte. In der Regel war das dann auch irgendwann so, nur dass der Zuschauer die wunderbare Mixarbeit im Detail wegen der zumeist viel zu großen Lautstärke in den jeweiligen "Konzertorten a´la Jugendzentrum oder kleine Discothek" nicht so ganz würdigte, fiel zunächst keinem der "Tontechniküsse" auf. Immerhin es waren die "besten Erkenntnisse und Bemühungen" zum Einsatz gekommen....

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